In Ascona zeichnete ich mit Pinsel und Tusche abgebrochene Äste, Wurzeln, Gräser, Steine, die der See an den Strand gespült hatte. Diese Formen vereinfachte ich und vereinigte ihr Wesen in bewegten Ovalen, Sinnbildern der ewigen Verwandlung und des Werdens der Körper.
Aus Hans Arp, Wegweiser/Jalons, geschrieben im Juni 1950 in Ascona; in: Hans Arp, Unsern täglichen Traum ..., Erinnerungen und Dichtungen aus den Jahren 1914 - 1954 , Zürich 1955.
Hans Arp im Garten des Ronco dei Fiori, 1965
Richtet man den Blick auf die zahlreichen Lebensstationen Arps, so verdient die Verbundenheit des Künstlers mit dem Tessin, insbesondere mit der Region um den nördlichen Lago Maggiore, eine besondere Beachtung. Diese Verbundenheit und die Schönheit des Ortes führten ihn schliesslich dazu, als Wohnsitz in seinen letzten Lebensjahren Locarno zu wählen.
Unmittelbar nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs flüchten Arp und sein Bruder François aus Köln, wo sich beide zeitweilig aufhielten, nach Paris, aber schon bald verlassen sie auch Frankreich, um sich in der Schweiz in Sicherheit zu bringen. 1915 treffen sie in Ascona ein. Die Wahl dieses Orts scheint nicht zufällig angesichts von Arps Interesse an philosophischen, religiösen und spirituellen Fragen - er liest Jakob Böhme, Meister Eckhart und Lao Tse, interessiert sich für östliche Mystik, verkehrt in theosophischen Kreisen -, und so wird ihm eine gewisse Nähe zu dem, was seit etwa zehn Jahren rund um den Monte Verità, dem Hügel oberhalb von Ascona, sich entwickelt hat, bewusst gewesen sein. Zudem leben hier auch andere mit ihm befreundete Künstler, so der rumänische Maler Arthur Segal (1875-1944), den Arp 1913 in Berlin während seiner Arbeit für die Zeitschrift Der Sturm kennengelernt hatte, und der seit 1914 in Ascona wohnt. In Ascona leben 1915 auch Adya und Otto van Rees, zwei Künstler, mit denen Arp zusammenarbeiten und im November desselben Jahres in Zürich ausstellen wird.
Auch in den folgenden Jahren, in denen Arp in Zürich lebt, besucht er immer wieder Ascona und den Monte Verità, jetzt als Begleiter von Sophie Taeuber, die zusammen mit anderen Schülerinnen während der Sommermonate an den Tanzkursen Rudolf von Labans auf dem Hügel teilnimmt. Jeden Sommer kommen Hans Arp und Sophie Taeuber aus Zürich nach Ascona und mit ihnen andere Künstler aus dem Dada-Kreis: Hugo Ball und Emmy Hennings, die sich später im Tessin niederlassen, Hans Richter, Marcel Janco u. a. m. Sie alle halten sich auf dem Monte Verità auf, wo sie zusammen mit ortsansässigen Künstlern - unter ihnen ab 1918 Marianne von Werefkin und Alexej Jawlensky und auch Walter Helbig, Künstlerfreund Arps aus den Zeiten des Modernen Bundes - Veranstaltungen, Feste und Ausstellungen organisieren. Und Arp selbst entwickelt, wie er sich später erinnert, elementare Formen seiner Kunst am Ufer des Sees bei Ascona.
Elisabeth Wiegmann, Sophie Taeuber und Hans Arp in Ascona, 1925
Alberto Magnelli, Hans Richter, Hans Arp und Marguerite Arp in Locarno, 1965
Die Familie Hagenbach besitzt ein Ferienhaus in Ascona. Hier ist Arp in den 1930er Jahren mit Sophie Taeuber-Arp, in den 1950er Jahren mit Marguerite Hagenbach häufig zu Gast. Es entsteht der Gedanke, sich in dieser Region niederzulassen. 1959 schliesslich, im Jahr ihrer Heirat, erwerben Arp und Marguerite Hagenbach ein Haus in Locarno-Solduno. Für Arp ist das keineswegs nur ein Alters- oder Ruhesitz: nicht nur richtet er sich ein Atelier in seinem Haus ein, er bezieht auch ein weiteres in dem Atelierkomplex, den der Bildhauer Remo Rossi in Locarno geschaffen hat. Hier arbeitet er in unmittelbarer Ateliernachbarschaft Hans Richters und Italo Valentis mit Hilfe seiner Assistenten Alberto Meli und Candido Epis an seinen späten Plastiken.
1965 wird durch Vermittlung von Remo Rossi eine Ausstellung mit Werken Arps und anderer Künstler der Sammlung Arp-Hagenbach im Castello Visconteo von Locarno eingerichtet. Noch vor der Eröffnung der Ausstellung überlässt Arp sämtliche Exponate der Stadt Locarno als Geschenk in der Absicht, damit den Grundstock zu einem Museum moderner Kunst anzulegen. Zum Dank wird dem Ehepaar Arp die Ehrenbürgerwürde der Stadt verliehen.
Am 7. Juni 1966 stirbt Arp in Basel, er wird auf dem Friedhof von Locarno beigesetzt.